48,6 Millionen Euro für neue Programme der Kulturstiftung des Bundes
Erstmals bewilligte der Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes unter Vorsitz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth Programme und Projekte, die unter der neuen künstlerischen Leitung von Katarzyna Wielga-Skolimowska entwickelt wurden. Der Stiftungsrat verabschiedete 48,6 Mio. Euro für Programme, die sich mehrheitlich durch langfristige Planungshorizonte und neue Kooperationsmodelle auszeichnen. Der Vertrag der Verwaltungsdirektorin Kirsten Haß wurde zudem bis 2029 verlängert.
Mit dem Programm Transkontinentale Partnerschaften (AT) will die Stiftung mehr und längerfristige künstlerische Kooperationen zwischen deutschen Kulturakteurinnen und außereuropäischen Partnern initiieren. Aufbauend auf den Erfahrungen aus bisherigen Programmen wie den beiden langjährigen Fonds Turn, die die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und afrikanischen Ländern förderten, wird der Radius des neuen Programms auf andere Kontinente ausgeweitet. Über die künftigen Förderregionen wird in einem Konsultationsverfahren mit transkontinentalen Partnern beraten. Gemeinsam entwickelte Leitlinien für ein faires und nachhaltiges Miteinander begleiten den Prozess. Für das bis 2031 geplante Programm stehen 27,6 Mio. Euro zur Verfügung.
Mit dem Programm Junge Kulturhauptstadt Chemnitz werden künstlerische Projekte gefördert, die junge Menschen in Chemnitz und in der ländlichen Umgebung in Zusammenarbeit mit Künstlern entwickeln. Die Bedürfnisse und Erwartungen junger Menschen sollen damit in einer von demographischem Wandel und gesellschaftlicher Polarisierung betroffenen Gegend systematisch gestärkt werden. Bereits 2024 startet die Junge Kulturhauptstadt Chemnitz mit Summer Schools für einen intensiven Austausch mit diversen Jugendkulturen im belgischen Gent, European Youth Capital 2024, ebenso mit Lviv in der Westukraine, European Youth Capital im Jahr 2025, und mit Nova Gorica in Slowenien, das 2025 gemeinsam mit Chemnitz den Titel Kulturhauptstadt Europas trägt. Im Umland werden eigens beauftragte „Zukunftskuratorinnen“ an mehreren Orten mobile Zukunftswerkstätten einrichten, wo sie junge Menschen aus der Stadt und dem Chemnitzer Umland darin unterstützen, eigene künstlerische Projekte gemeinsam mit internationalen Partnern zu realisieren. Für das Programm Junge Kulturhauptstadt Chemnitz stellt die Kulturstiftung des Bundes sieben Mio. Euro zur Verfügung.
Gefördert wird außerdem die vierte Ausgabe der 2018 in Chemnitz gegründeten Pochen Biennale, die 2024 einen Schwerpunkt auf zeitgenössische Medienkunst legt. Als Kurator für die internationale Medienkunstausstellung wurde Serge Klymko gewonnen, der durch seine kuratorische Verantwortung für die Kyiv Biennale bestens vernetzt ist mit den Kunstszenen im östlichen Europa und insbesondere der Ukraine. Für die 4. Pochen Biennale stellt die Kulturstiftung des Bundes Fördermittel in Höhe von 650.000 Euro zur Verfügung.
Mit dem Programm Neue Auftraggeber – Tanz und Performance im Bürgerauftrag (AT) sollen 15 Tanzprojekte jenseits der Metropolen gefördert werden, die von der lokalen Bürgerschaft beauftragt und mit herausragenden deutschen und internationalen Künstlern gemeinsam entwickelt und umgesetzt werden. Das Programm wird von 2023 bis 2028 mit fünf Mio. Euro gefördert.
Das Programm Zero – Klimaneutrale Kunst- und Kulturprojekte wird aufgrund bemerkenswert positiver Resonanz und hoher Nachfrage mit der Förderung von weiteren 20 Kunstprojekten bis 2027 fortgeführt. Ziel des 2022 mit 25 Projekten gestarteten Programms ist es, Kultureinrichtungen verschiedener Sparten für die Mitwirkung an einer bundesweiten Nachhaltigkeitsinitiative zu gewinnen, bei der künstlerische Arbeiten mit nachweisbar geringstmöglicher schädlicher Klimawirkung und ggf. entsprechend innovativen Ästhetiken umgesetzt werden sollen. Dafür werden noch einmal vier Mio. Euro bis 2027 zur Verfügung gestellt.
Der Stiftungsrat stimmte einer Verschiebung der 13. Ausgabe der Berlin Biennale um ein Jahr auf 2025 (statt 2024) zu. Die Gründe für die Verschiebung liegen bei pandemiebedingten organisatorischen Verzögerungen, vor allem aber in der Vermeidung eines „Biennale-Superkunstjahres“ 2024. Denn ebenfalls der Pandemie geschuldete Verschiebungen anderer internationaler Biennalen auf das Jahr 2024 lassen einen Ressourcenwettbewerb erwarten, der sich nicht zuletzt auf die Kapazitäten von Künstlerinnen und Künstlern und deren Verfügbarkeit auswirkt.
Die für die Jahre 2024/25 im Deutschen Historischen Museum Berlin geplante Ausstellung „Was ist Aufklärung – Fragen an das 18. Jahrhundert“ aus Anlass des 300. Geburtstages des Philosophen Immanuel Kant geht über Person, Werk und die Zeit des Königsberger Philosophen hinaus und nimmt das sogenannte „lange 18. Jahrhundert“ im internationalen Kontext in den Blick. Die Ausstellung bezieht zeitgenössische Diskussionen ein, die sich mit den historisch-politischen Folgen der Aufklärung und ihren Auswirkungen auf die Gegenwart auseinandersetzen. Das Ausstellungsprojekt integriert neue inklusive Vermittlungsmethoden als unverzichtbaren Bestandteil in sein Konzept. Die Stiftung stellt dafür 400.000 Euro zur Verfügung.
Die interdisziplinäre Jury der Allgemeinen Projektförderung empfahl auf ihrer jüngsten Sitzung 24 neue Förderprojekte. Die Fördersumme beträgt insgesamt vier Mio. Euro. Dazu gehören:
– das Ausstellungsprojekt „Zwischen Pixel und Pigment“ der Kunsthalle Bielefeld und des Museum Marta Herford zu hybrider Malerei in postdigitalen Zeiten
– eine vom Haus der Kunst in München großangelegte Retrospektive zum vielseitigen Werk von Rebecca Horn
– die Ausstellung „Kafka global 2024“ im Deutschen Literaturarchiv Marbach anlässlich des 100. Todestags Franz Kafkas
– „Sancta“ (AT), die erste Musiktheaterproduktion der Choreografin Florentina Holzinger in Zusammenarbeit mit dem Mecklenburgischen Staatstheater, der Staatsoper Stuttgart, den Wiener Festwochen und der Volksbühne Berlin
– das CO2-neutrale Diskurs- und Performance-Programm „The Drop Out: Tell them I said no“ im E-Werk Luckenwalde
– eine breite und retrospektiv angelegte Übersichtsausstellung zu Hans Haacke in der Schirn Kunsthalle Frankfurt
– das Musikprojekt „Neue Linien“, das sich im Rahmen der Münchener Biennale – Festival für Neues Musiktheater mit neuen Mobilitätsstrategien auseinandersetzt
– das Schwarze Internationale Literaturfestival „Resonanzen“ im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen zur Stärkung der Wahrnehmung Schwarzer europäischer Literatur
– das Projekt „Live Aloud“ (AT) der israelischen Choreografin Yasmin Godder in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Frankfurt und dem Künstler*innenhaus Mousonturm sowie der Sängerin Dikla als performatives Ereignis zwischen Tanzstück und Popkonzert
– „Monumental Affairs“ an der Design Akademie Saaleck zur Erforschung der Reproduktion von rassistischen Vorstellungen in der Architektur
– ein dreiteiliges Forschungs- und Ausstellungsprojekt anlässlich des 100. Geburtstags der israelischen Choreografin, Tänzerin und Bildenden Künstlerin Noa Eshkol (1924–2007) im Georg Kolbe Museum in Berlin