Atelier Brückner gestaltet Archäologiezentrum NARC in Lissabon neu
Archäologie in Lissabon: Der Núcleo Arqueológico da Rua dos Correeiros (NARC) hat eine neue, inhaltlich-immersive Gestaltung. Sie stammt von den Stuttgarter Szenografen Atelier Brückner. Das Museum feiert am 23. November seine Wiedereröffnung. Vom 24. November an heißt es Besucher und Besucherinnen mit geführten Touren willkommen. „NARC ist ein außergewöhnlicher Ort, an dem die traditionelle Vorstellung von Zeit schwindet: Vergangenheit und gegenwärtiges Erleben sind miteinander verbundenen. 2500 Jahre Geschichten und Spuren einer Stadt, die ununterbrochen mit Leben erfüllt ist, werden zum immersiven Erlebnis“, so Shirin Brückner.
Mitten im Stadtzentrum, unweit des Arco da Rua Augusta gelegen, bietet das Museum eine archäologische Reise in Lissabons Vergangenheit an. Sie liegt unterhalb des Bankgebäudes der portugiesischen Universalbank Millennium bcp. Bei Grabungen in den Jahren 1991 und 1995 wurde das archäologische Feld erschlossen; seit dem Jahr 2015 ist es als nationales Kulturerbe gelistet. Es ermöglicht einen Zugang zu sämtlichen Besiedlungsphasen Lissabons – eine Zeitspanne von über 2500 Jahre. Bauliche Überreste und ausgegrabene Funde sind Zeitzeugen, die von der iberisch-punischen, römischen, westgotischen, islamischen, mittelalterlichen und pombalinischen Zeit berichten.
Der Besucher betritt das Museum, das von der Millennium bcp Foundation getragen wird, von der prominenten Einkaufsstraße Rua dos Correeiros aus. Das Intro im Erdgeschoss des Gebäudes bietet einen Überblick über die Epochen, die Lissabon prägten, verbunden mit einer chronologisch aufbereiteten Vorschau auf die Objekte der Ausstellung: Sie reichen von Mauerresten eines phönizischen Hauses aus der Eisenzeit bis hin zu einem Backofen, der bis ins 19. Jahrhundert in Betrieb war. Zu den ikonischen Exponaten des Museums zählt eine Tonscherbe aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die ein stilisiertes Boot zeigt. Interaktive Vitrinen, welche die ausgegrabenen Einzelfunde präsentieren, laden zum Erkunden ein.
Vom Prolograum aus steigen die Besucher in die Vergangenheit hinab und folgen einem Steg, der das Grabungsfeld erschließt. Eingebunden in eine Führung erleben sie den Ausgrabungsort. Der Guide aktiviert mittels iPad Licht, Sound und informative Layer, die sich als mediale Schicht über die Exponate in situ legen, direkt am Ort, wo sie gefunden wurden.
Zusätzliche Informationen liefern animierte Illustrationen auf den schwarzen Glaswänden, die den Raum umschließen. Die blau und weiß leuchtenden filigranen Linien heben sich im Dunkeln ab und tragen zum besonderen Charakter des Raumes bei. Die Ausgrabung verwandelt sich in ein inszeniertes Setting. Durch die Re-Kontextualisierung der Funde wird ihre ursprüngliche Bedeutung vermittelt.
Neugierig wird der Museumsbesucher beispielsweise auf Bassins, die im Boden eingelassen sind. Sie erweisen sich als antike Fischtanks. Eine projizierte, animierte Fischgrafik verdeutlicht dies. Sardinen wurden als Fischsoße konserviert und dann vom antiken Olisipo aus per Schiff ins römische Reich exportiert. Antike Amphoren, ebenfalls ausgestellt, dienten als Transportgefäß. Fischfang, Fischkonservierung, Salzgewinnung und Töpferei bildeten die wirtschaftliche Grundlage der antiken Stadt.
Besonders einschneidend in der Geschichte Lissabons war ein Erdbeben im Jahr 1755. Das Viertel Baixa, in dem auch das Museum verortet ist, wurde nahezu vollständig zerstört. Der Marquis von Pombal ließ den Stadtkern neu aufbauen und verlieh ihm einen zukunftsweisenden Charakter. Nach ihm ist der pombalinische Baustil benannt: ein symmetrisch angelegter Stadtplan mit Gebäuden aus erdbebensicheren Holzstrukturen. Die archäologischen Schichten des NARC überliefern das Erdbeben; Häuserruinen und Trümmer sind zu sehen. Animierte Illustrationen verdeutlichen die innovativen Strukturen des Neuaufbaus, der bis heute das Stadtbild prägt.
Info: www.fundacaomillenniumbcp.pt/en/ , www.atelier-brueckner.com
(Fotos: Atelier Brückner/Giovanni Emilio Galanello)