Roms vergessener Feldzug im Landesmuseum Braunschweig
Die Römer sind da – zumindest derzeit im Landesmuseum Braunschweig. „Roms vergessener Feldzug. Die Schlacht am Harzhorn“ heißt die aktuelle Niedersächsische Landesausstellung, welche auf die Entdeckung eines germanisch-römischen Schlachtfeldes am Harzhorn, einem Höhenzug im Vorland des Mittelgebirges Harz, fokussiert und die dort aufgefundenen Stücke in den Mittelpunkt stellt. Das Land Niedersachsen fördert das Projekt mit 1,1 Millionen Euro für Erforschung und abschließende Präsentation.
„Strahlkraft“, „Botschafter unseres Landes“, „eine besonders Bedeutung für den Kulturtourismus“ – elektrisiert wird die Landesausstellung von den Beteiligten in Superlativen gewürdigt. Heike Pöppelmann, Direktorin des Landesmuseums, stimmt in den Tenor mit ein: „Dahinter steckt eine Geschichte, da leckt man sich als Museumsfrau die Finger nach.“ 2008 entdeckt, gilt das Schlachtfeld nahe der niedersächsischen Kleinstadt Northeim, weit vom römischen Limes entfernt, als Jahrhundertfund. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Wissenschaft davon ausgegangen, dass die Römer nach der Varus-Schlacht im Jahr 9 nach Christus keine militärischen Großaktionen mehr in Germanien unternahmen. Die am Harzhorn aufgefundenen Memorabilien erzählen allerdings eine andere Geschichte: Datiert sind die Fundstücke auf das 3. Jahrhundert nach Christus, mehr als 200 Jahre nach der fatalen Niederlage der Römer bei der Varus-Schlacht. Komplettiert wurde der aufsehenerregende Fund, als das Schlachtfeld mit einem in antiken Schriftquellen überlieferten historischen Geschehen in den richtigen Kontext gesetzt werden konnte: einem Rachefeldzug des ersten Soldatenkaisers Maximinus Thrax in den Jahren 235 und 236 nach Christus.
Einen 300 Jahre umspannenden Erzählrahmen haben die Kuratoren im Landesmuseum Braunschweig als roten Faden für die Ausstellung konzipiert, aufgesplittet in acht Themenfelder. Startend bei der Entdeckung des Schlachtfeldes spannt das Ausstellungskonzept den Bogen über die Geschichte der römisch-germanischen Beziehungen vom 1. Jahrhundert bis ins 3. Jahrhundert nach Christus über die Inszenierung der Schlacht bis zur Geschichte des römischen Feldherren und Soldatenkaisers Maximinus Thrax. Thematisch abgerundet werden die Darstellungen im letzten Ausstellungskapitel mit einem Ausblick auf das historische Geschehen bis zum Ende des 3. Jahrhunderts nach Christus.
Eine authentische Inszenierung ist den Machern der Ausstellung gelungen. Das ist vor allem der umfangreichen Fundsituation am Harzhorn wie auch der Kooperation mit europäischen Leihgebern geschuldet. So sind am Harzhorn bisher über 2.700 Stücke zu Tage gefördert worden. Damit gilt das Gebiet als das bislang am besten erforschte Schlachtfeld der römischen Antike. Dazu kommen die hochkarätigen Exponate aus über 80 Museen und Sammlungen wie beispielsweise Teile eines römischen Lederzeltes, Büsten, Grabsteine gefallener Soldaten oder germanische Objekte aus dem Thorsberger Moor, die den Ansatz der Ausstellung komplettieren und den römisch und germanischen Alltag in Kriegs- und Friedenszeiten abbilden. Insgesamt 760 Fundstücke haben die Braunschweiger Museumsmacher in das Ausstellungskonzept aufgenommen und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Für die Gestaltung zeichnet maßgeblich res d design und architektur aus Köln verantwortlich. In Kooperation mit der Mannschaft des Landesmuseum hatte das Unternehmen interdisziplinär die Gestaltung aus den Inhalten geformt. Die historischen Räume des Landesmuseum sind dabei mit einbezogen: Der Rundgang durch das Haus spielt gestalterisch mit der Bausubstanz und baut Gegensätze auf. Besucher erleben ein Ausstellungsthema in einer Atmosphäre von hell bis dunkel, laut und leise sowie reduziert und kontrastreich.
Visuelle Elemente sind weiteres wichtiges Merkmal der Ausstellungsgestaltung durch res d und unterstützen die mitunter wuchtige Wirkung. So wie beim dramaturgischen Höhepunkt der gesamten Schau: Eine abstrahiert inszenierte Schlacht, bei der Videoprojektionen und klassische Exponatspräsentationen zu einem Ganzen verschmelzen. Weiterhin geben große Tische einen konzentrierten Blick auf die Fundorte, ein multimediales topografisches Modell informiert über den Schlachtverlauf und in Vitrinen werden die Fundstücke ausgestellt und dem Publikum zugänglich gemacht.
Info: www.landesmuseum-braunschweig.de www.resd.de
Impressionen der Ausstellung „Roms vergessener Feldzug. Die Schlacht am Harzhorn“ (Fotos: res d)