Deutscher Museumsbund veröffentlicht „Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen“
Der Deutsche Museumsbund e.V., die bundesweite Interessensvertretung der deutschen Museen und ihrer Mitarbeiter, hat jetzt in Berlin die Online-Publikation „Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen“ vorgestellt. Die Publikation soll den für die Sammlungen direkt Verantwortlichen wie auch den Trägern der Einrichtungen dienen. Und zwar sowohl als Handreichung im täglichen Umgang mit menschlichen Überresten, auch solchen außereuropäischer Herkunft, als auch bei Fragen zu Rückgabeforderungen. Die „Empfehlungen“ stehen in der Tradition der Leitfäden des Deutschen Museumsbundes, von denen bislang neun veröffentlicht wurden, zu Themen wie Vermittlungsarbeit, Volontariat, Dokumentation und nachhaltiges Sammeln. Die „Empfehlungen“ können in deutscher und englischer Sprache auf der Website des Deutschen Museumsbunds heruntergeladen werden. Hier finden sich außerdem viele weitere Informationen und Dokumente zum Thema. Die Erarbeitung der Online-Publikation wurde unterstützt durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). Die englische Übersetzung wurde ermöglicht durch den Übersetzungsdienst des Auswärtigen Amtes.
Die „Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen“ wurden seit Sommer 2011 von Wissenschaftlern einer interdisziplinären Arbeitsgruppe des Deutschen Museumsbundes unter der Leitung von Prof. Dr. Wiebke Ahrndt, Vizepräsidentin des Deutschen Museumsbunds und Direktorin des Übersee-Museums in Bremen, erarbeitet. Der Arbeitsgruppe gehörten Ethnologen, Archäologen, Anthropologen, Medizinhistoriker, Kulturwissenschaftler, Juristen und Ethiker an. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe stehen zukünftig bei weiteren fachlichen Fragen als Ansprechpartner zur Verfügung. Sie können Möglichkeiten der Konfliktlösung aufzeigen, werden jedoch keine Entscheidungen treffen oder als Ethik-Kommission auftreten. „Angesichts der komplexen und sensiblen Thematik gibt es keine Patentlösungen“, betonte der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Dr. Volker Rodekamp, bei der Vorstellung in Berlin. „Wir befinden uns am Anfang der Diskussion, nicht an ihrem Ende. Wünschenswert ist, dass jedes betroffene Museum eigene Richtlinien zum Umgang mit menschlichen Überresten erarbeitet. Dafür kann unsere Publikation die Basis bieten“.
In vielen Museen und Sammlungen werden menschliche Überreste aus der ganzen Welt bewahrt. Dabei sind die Sammlungsbestände sehr heterogen: Skelette und Skelettteile sind Bestandteile vieler archäologischer Sammlungen, werden aber auch in anthropologischen Sammlungen bewahrt. Medizinhistorische sowie Universitäts-sammlungen beherbergen meist anatomisch-pathologische Präparate menschlicher Körper. Vor allem in ethnologischen Museen/Sammlungen finden sich in unterschiedlicher Weise bearbeitete menschliche Überreste wie Schrumpfköpfe, tatauierte Köpfe, Skalp-Locken, Mumien oder Knochenflöten. Zu nennen sind auch (Ritual-) Gegenstände, in die menschliche Überreste, wie beispielsweise Haare, Knochen oder Zähne eingearbeitet sind.
Der Aufbau der Publikation trägt der Komplexität der Sammlungsbestände und den damit verbundenen Fragestellungen Rechnung. Den eigentlichen Handlungsempfehlungen in Kapitel 4 der Publikation sind sowohl Adressaten und Begriffe (Kapitel 2) als auch fünf Hintergrundbeiträge (Kapitel 3) vorangestellt. Die Beiträge der physischen Anthropologie, der Ethnologie und der Rechtswissenschaften geben einen Überblick über die jeweils relevanten Fragestellungen. Der letztgenannte Beitrag beschäftigt sich ausführlich mit Rückgabefragen. Er kann deshalb auch als Hilfestellung bei der juristischen Bewertung von Rückgabeforderungen dienen. Umrahmt werden diese drei Hintergrundbeiträge von einem Überblick über die Geschichte der Sammlungen und von einem Beitrag zu ethischen Grundsätzen. Dabei macht besonders die Beschäftigung mit den juristischen Fragestellungen deutlich, dass allein aus rechtlicher Sicht keine zufriedenstellenden Antworten insbesondere im Zusammenhang mit Rückgabeforderungen gegeben werden können. Vielmehr sind es häufig Fragen der Ethik, die im Umgang mit menschlichen Überresten und mit den Nachfahren bedeutsam sind. Relevante Fragen zum Umgang mit menschlichen Überresten werden in Kapitel 4 entlang der vier Hauptaufgaben eines Museums – Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln – bearbeitet. Aufgrund zunehmend auftretender Forderungen werden zudem Aspekte zur Rückgabe behandelt.
Die Empfehlungen sollen Entscheidungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit menschlichen Überresten in der Museums- und Sammlungsarbeit erleichtern.
Info: www.museumsbund.de